Mythbusters

Myth-Busters: Bro-Science auf dem Prüfstand:

Bro-Science im Cannabisanbau: Mythen, Missverständnisse und was die Wissenschaft wirklich sagt

Im Cannabisanbau kursieren zahlreiche Mythen und Halbwahrheiten – oft als „Bro-Science“ bezeichnet. Diese basieren meist auf persönlichen Erfahrungen oder überlieferten Praktiken, jedoch selten auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Im Folgenden werden einige der verbreitetsten Mythen beleuchtet und auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft.

🌿 Mythos 1: „48 Stunden Dunkelheit vor der Ernte steigern die Harzproduktion“
Behauptung: Durch zwei Tage Dunkelheit vor der Ernte erhöht sich die Harzproduktion und somit die Potenz der Blüten.
Faktencheck: Studien zeigen, dass die Harzproduktion hauptsächlich durch genetische Faktoren und Umweltbedingungen während der gesamten Blütephase beeinflusst wird. Eine verlängerte Dunkelphase kurz vor der Ernte hat keinen signifikanten Einfluss auf die Harzmenge.
Fazit: Dieser Mythos ist nicht wissenschaftlich belegt.

💧 Mythos 2: „Flushing verbessert den Geschmack der Blüten“
Behauptung: Das Spülen der Pflanzen mit reinem Wasser vor der Ernte entfernt überschüssige Nährstoffe und verbessert den Geschmack.
Faktencheck: Untersuchungen, wie die von Rx Green Technologies, zeigen, dass Flushing keinen signifikanten Einfluss auf den Geschmack oder die Qualität der Blüten hat. Vielmehr kann es zu Nährstoffmängeln führen, die die Pflanzengesundheit beeinträchtigen.
Fazit: Flushing ist in den meisten Fällen nicht notwendig und kann in seltenen Fällen kontraproduktiv sein.

❄️ Mythos 3: „Eiswasser oder Kältebehandlung färbt die Blüten lila“
Behauptung: Das Gießen mit Eiswasser oder das Aussetzen der Pflanzen an Kälte führt zu einer lila Färbung der Blüten.
Faktencheck: Die lila Färbung von Cannabisblüten ist genetisch bedingt. Zwar kann Kälte die Expression bestimmter Pigmente fördern, jedoch nur, wenn die genetische Veranlagung vorhanden ist.
Fazit: Kälte kann die Farbentwicklung beeinflussen, aber nur bei entsprechenden Genen.

✂️ Mythos 4: „Beschneiden erhöht den Ertrag“
Behauptung: Durch das Beschneiden der Pflanzen wird der Ertrag gesteigert.
Faktencheck: Techniken wie Topping oder Lollipopping können das Wachstum steuern und die Lichtverteilung verbessern. Jedoch kann übermäßiges oder unsachgemäßes Beschneiden die Pflanze stressen und den Ertrag mindern.
Fazit: Beschneiden kann vorteilhaft sein, sollte aber mit Bedacht und Kenntnis angewendet werden.

🧪 Mythos 5: „Organische Düngemittel verbessern den Geschmack“
Behauptung: Der Einsatz von organischen Düngemitteln führt zu besser schmeckenden Blüten im Vergleich zu mineralischen Düngern.
Faktencheck: Der Geschmack von Cannabis wird hauptsächlich durch Terpene bestimmt, deren Entwicklung von verschiedenen Faktoren abhängt. Es gibt keine eindeutigen wissenschaftlichen Belege dafür, dass organische Dünger den Geschmack signifikant verbessern.
Fazit: Die Wahl des Düngers sollte auf den Bedürfnissen der Pflanze basieren, nicht auf Geschmackserwartungen.

🌱 Mythos 6: „Autoflowering-Pflanzen können als Mutterpflanzen dienen“
Behauptung: Selbstblühende (Autoflowering) Cannabispflanzen eignen sich als Mutterpflanzen für Klone.
Faktencheck: Autoflowering-Pflanzen haben einen festen Lebenszyklus und beginnen unabhängig von der Lichtperiode zu blühen. Daher sind sie nicht geeignet, um als dauerhafte Mutterpflanzen für Klone zu dienen.
Fazit: Nur photoperiodische Pflanzen eignen sich als Mutterpflanzen für die Klonproduktion.
🌕 Mythos 7:   „Samen kurz vor Vollmondphasen keimen lassen“
Die Idee, Cannabissamen zwei Tage vor Vollmond zum Keimen anzusetzen, ist ein Beispiel für sogenannte „Bro-Science“ – also Praktiken, die auf traditionellen Überlieferungen oder persönlichen Erfahrungen beruhen, jedoch nicht zwingend wissenschaftlich fundiert sind.

Faktencheck Mondphasen und Samenkeimung: Tradition vs. Wissenschaft
In der traditionellen Landwirtschaft, insbesondere im biodynamischen Anbau, wird angenommen, dass die Mondphasen das Pflanzenwachstum beeinflussen. Die Theorie besagt, dass der zunehmende Mond, insbesondere die Tage vor dem Vollmond, die Wasseraufnahme im Boden erhöht, was die Keimung von Samen fördern könnte. Einige Quellen empfehlen daher, Cannabissamen während des zunehmenden Mondes oder kurz vor dem Vollmond zu keimen, um von diesen angeblichen Vorteilen zu profitieren.
🔬Wissenschaftliche Perspektive
Bisher gibt es keine belastbaren wissenschaftlichen Studien, die einen direkten Zusammenhang zwischen Mondphasen und der Keimrate von Cannabissamen belegen. Die Keimung wird hauptsächlich durch Faktoren wie Feuchtigkeit, Temperatur, Sauerstoffversorgung und Samenqualität beeinflusst.
Während die Gravitationskraft des Mondes nachweislich die Gezeiten beeinflusst, ist ihre Wirkung auf die Bodenfeuchtigkeit und somit auf die Samenkeimung minimal und wissenschaftlich nicht eindeutig belegt

Fazit:
Das Ansetzen von Cannabissamen zwei Tage vor Vollmond zum Keimen ist eine Praxis, die auf traditionellen Überzeugungen beruht. Obwohl es keine wissenschaftlichen Beweise für die Wirksamkeit dieser Methode gibt, berichten einige Grower von positiven Erfahrungen. Für Grower, die experimentierfreudig sind und traditionelle Methoden ausprobieren möchten, kann das Keimen nach dem Mondkalender eine interessante Erfahrung sein. Es sollte jedoch nicht als Ersatz für bewährte Keimungsmethoden betrachtet werden, sondern eher als ergänzender Ansatz. Letztlich bleibt es eine persönliche Entscheidung, ob man diese Methode anwenden möchte. Wichtig ist, die grundlegenden Keimungsbedingungen zu gewährleisten, unabhängig von der Mondphase.

🔚 Resümee
Viele Praktiken im Cannabisanbau basieren auf überlieferten Mythen und nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es ist wichtig, Informationen kritisch zu hinterfragen und sich auf fundierte Studien zu stützen, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
Für weitere Informationen und wissenschaftlich fundierte Anleitungen empfiehlt sich der Podcast „Cannabis Anbau und Bro-Science – Echte Wissenschaft oder alles Quatsch?“ von Vince & Weed.